

Sandra Kirsch
Emigration als Herausforderung
Eine Studie zu Einbindungs- und Ablösungsprozessen von aus dem nationalsozialistischen Deutschland emigrierten Kindern und Jugendlichen
310 Seiten, broschiert
Frankfurt am Main 2010
ISBN 978-3-941743-07-6
Buch 29,80 Euro
E-Book (PDF) 19,80 Euro
Die rekonstruktive Studie »Emigration als Herausforderung« versteht sich als Beitrag zur historischen Biographie- und Sozialisationsforschung. Historisch thematisch ist die Rekonstruktion von Entwicklungsmöglichkeiten und -verläufen von Menschen, die Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus im Kindesalter verlassen mussten. In heuristischer Absicht wird einerseits angeknüpft an das soziologisch-strukturtheoretische Modell Ulrich Oevermanns von Sozialisation als Prozess der Krisenbewältigung, andererseits an Robert Kegans entwicklungspsychologisches Konzept der Entwicklung des Selbst in einbindenden Kulturen. Dabei wird vor allem der Frage nachgegangen, welche Zusammenhänge herstellbar sind zwischen entwicklungsmäßig vorprogrammierten Krisen der Bindung und Ablösung im Sozialisationsprozess und dem Ereignis Emigration als fallübergreifend vorliegender Besonderheit im Sinne eines potentiell traumatischen Krisenereignisses. Das zentrale Interesse besteht in der objektiv-hermeneutischen Rekonstruktion unterschiedlicher biographisch wirksamer Habitus der Krisenbewältigung. Hier zeigen sich erstens von Fall zu Fall verschiedene Perspektiven auf die Erfahrung der Emigration, zweitens jeweils spezifische Haltungen im Umgang mit Entscheidungskrisen der Lebensgestaltung. Die Ergebnisse verweisen zum einen auf den großen Einfluss familialer Sozialisation auf die Entwicklung, zeigen zum anderen aber auch die Bedeutsamkeit kultureller Einbindungsmöglichkeiten über die Lebensspanne auf.
Die rekonstruktive Studie »Emigration als Herausforderung« versteht sich als Beitrag zur historischen Biographie- und Sozialisationsforschung. Historisch thematisch ist die Rekonstruktion von Entwicklungsmöglichkeiten und -verläufen von Menschen, die Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus im Kindesalter verlassen mussten. In heuristischer Absicht wird einerseits angeknüpft an das soziologisch-strukturtheoretische Modell Ulrich Oevermanns von Sozialisation als Prozess der Krisenbewältigung, andererseits an Robert Kegans entwicklungspsychologisches Konzept der Entwicklung des Selbst in einbindenden Kulturen.
Dabei wird vor allem der Frage nachgegangen, welche Zusammenhänge herstellbar sind zwischen entwicklungsmäßig ›vorprogrammierten‹ Krisen der Bindung und Ablösung im Sozialisationsprozess und dem Ereignis ›Emigration‹ als fallübergreifend vorliegender Besonderheit im Sinne eines potentiell traumatischen Krisenereignisses. Das zentrale Interesse besteht in der objektiv-hermeneutischen Rekonstruktion unterschiedlicher biographisch wirksamer Habitus der Krisenbewältigung. Hier zeigen sich erstens von Fall zu Fall verschiedene Perspektiven auf die Erfahrung der Emigration, zweitens jeweils spezifische Haltungen im Umgang mit Entscheidungskrisen der Lebensgestaltung. Die Ergebnisse verweisen zum einen auf den großen Einfluss familialer Sozialisation auf die Entwicklung, zeigen zum anderen aber auch die Bedeutsamkeit kultureller Einbindungsmöglichkeiten über die Lebensspanne auf.
Dr. Sandra Kirsch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Erziehungswissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit den Arbeitsschwerpunkten Biographieforschung, (historische) Migrations- und Sozialisationsforschung und Methoden rekonstruktiver Sozialforschung.
Inhalt
I. Einleitung 11
1. Forschungskontext und Materialgrundlage 15
2. Konkretisierung der Fragestellung 16
II. Theoretische Bezüge. Emigration als Herausforderung für Prozesse der Einbindung und Ablösung 19
1. Das Erleben von Emigration in Kindheit und Jugend als Gegenstand der Forschung – eine Literatur- und Perspektivenskizze 19
2. Sozialisationstheoretische und entwicklungspsychologische Zugänge – Zur Begründung einer struktur- und subjektorientierten Forschungsperspektive in der Sozialisationsforschung sowie der Notwendigkeit ihrer Interdisziplinarität 30
2.1 Sozialisation als Prozess der Krisenbewältigung und der Entstehung des Neuen (Ulrich Oevermann) 35
2.1.1 Krise und Erfahrungskonstitution 36
2.1.2 Lebenspraxis und Bewährung 39
2.1.3 Sozialisation als Prozess der Krisenbewältigung 41
2.1.4 Die vier Ablösungskrisen im Sozialisationsprozess 44
3. Robert Kegan: Die Entwicklung des Selbst in ›einbindenden Kulturen‹ 56
III. Der Forschungsansatz. Zugang zu Biographien und Bildungsprozessen über rekonstruktive Sozialforschung 63
1. Zur Begründung des gewählten Forschungsansatzes 63
1.1 Biographieforschung als Weg erziehungswissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung 66
1.2 Zum Zusammenhang von Biographie, Bildung, Gesundheit – der strukturalistische Bildungsbegriff als Konzept ganzheitlicher/umfassender Bildung 67
1.2.1 Der Bildungsbegriff in der strukturalen Bildungstheorie Marotzkis 67
1.2.2 Der strukturalistische Bildungsbegriff bei Oevermann 70
1.2.3 Zusammenhänge zwischen ›seelischer Gesundheit‹ und ›Bildung‹ 71
2. Die objektive Hermeneutik als rekonstruktiv verfahrende Methode der Biographieforschung 74
IV. Die Fallrekonstruktionen – Materialauswahl und praktisches Vorgehen 81
1. Zur Fallauswahl 81
2. Durchführung und Darstellung der Fallrekonstruktionen 82
3. Lebenslänglich Emigrantin – Selbststilisierung als Habitus der Krisenbewältigung. Der Fall Esther Brückner: Eine exemplarische Sequenzanalyse 83
3.1 Analyse und Interpretation der objektiven Daten 83
3.2 Analyse und Interpretation der Eingangssequenzen des Interviews 93
3.3 Fallstrukturhypothese 115
3.4 Interpretation der Prüfsequenzen 118
3.5 Zusammenfassung zur Erweiterung der Fallstrukturhypothese 138
3.6 »Äh, ja, was gibt's noch?« – Interpretation weiterer identitätstheoretisch relevanter Sequenzen 139
3.6.1 Staatsbürgerschaft/Gemeinwohlorientierung und politisches Engagement 139
3.6.2 Die Beziehung zur Mutter 157
3.6.3 Die Paarbeziehung 164
3.6.4 ›Selbstverwirklichung‹ über Leistung im Beruf 170
3.7 Zusammenfassung und Strukturgeneralisierung 173
4. Die Geschwister Levi 177
4.1 Georg Levi - Amor fati oder: das Glückskind 177
4.1.1 Objektive Daten und Kurzbiographie 177
4.1.2 Interpretation des Interviews mit Georg Levi 188
4.1.3 Fallstrukturhypothese 207
4.1.4 Interpretation der Prüfsequenzen – Die Jahre bis zur Emigration 209
4.1.5 Analyse weiterer identitätstheoretisch relevanter Sequenzen 250
4.1.6 Fallstrukturgeneralisierung 258
4.2 Gisela Johann – Die ›zweite Geige‹ oder: die Kunst der Vermittlung 262
4.2.1 Gestaltungsmerkmale der autobiographischen Erinnerungen Gisela Johanns und Strukturmerkmale von Identitätskonstruktion und Selbstpräsentation 263
4.2.2 Objektive Daten 268
4.2.3 Biographisches Portrait 269
V. Zusammenfassende Fallkontrastierung – Zur Bedeutung von Emigration für Formen der Gestaltung von Einbindungs- und Ablösungsprozessen und für die Entwicklung eines Habitus der Krisenbewältigung 285
1. Zusammenfassender Überblick über die biographischen und sozialisatorischen Ausgangsbedingungen 285
2. Zur Typisierung der Fälle 290
2.1 Typus I: Lebenslänglich Emigrantin 290
2.2 Typus II: ›Amor fati‹ oder: das Glückskind 292
2.3 Typus III: Die engagierte Vermittlerin 293
VI. Schlussbemerkungen 295
Literatur 297
Die Anhänge des Buches beinhalten die Transkriptionen der Interviews mit Esther Brückner und Georg Levi und die Anmerkungen zum Manuskript Gisela Johanns sowie das Manuskript selbst. Sie können kostenlos heruntergeladen werden.